Oschatzer Allgemeine Zeitung (08.11.2008)
„Ich hab' richtig gezittert” - Dokumentation über Bergbau und Abbaugegner bewegt Menschen in Cavertitz / Weitere Aufführungen geplant
Cavertitz . Ein Film mit eindringlichen Bildern und authentischen Berichten beeindruckte am Donnerstag die Zuschauer in Cavertitz. In kleinem Kreis fand die Vor-Premiere der Dokumentation „Wer andern eine Grube gräbt...“ statt – ein Auftragswerk der Bündnisgrünen Bundestagsfraktion. Gezeigt wurden Menschen aus verschiedenen Abbauregionen Deutschlands, ihr Kampf um den Erhalt der Landschaft, um Entschädigung und Beteiligung.
Es sei meist eine „sehr trockene Sache“, wenn politische Themen aufbereitet werden, sagt Peter Hettlich. Der Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen überzeugte seine Fraktion daraufhin, einen Film in Auftrag zu geben. „Gerade beim Thema Bergbau müssen wir emotionalisieren, damit es was tut“, begründete der Leipziger. Dass wissen die Cavertitzer und Liebschützberger, vor deren Haustür Gesteinsabbau geplant ist.
Und berühren tut der 30-minütige Film tatsächlich. Die ersten Bilder gelten dem mittlerweile zugunsten der Braunkohle aufgegebenen Heuersdorf südlich von Leipzig. Man sieht verlassene Häuser und leere Straßenzüge. Tieftraurig wirkt es da, wenn Bürgermeister Horst Bruchmann sagt: „Es war ein lebenswerter Ort“.
Doch nicht nur in Sachsen wird abgebaut, es gibt Aufnahmen aus Sachsen-Anhalt, aus Steinkohlegebieten des Saarlandes oder von Lavabrüchen in der Eifel. Neben Fachleuten von Verbänden kommen immer wieder die Betroffenen zu Wort – und das in aller Deutlichkeit. Offen ist die Rede von Verzweiflung und Resignation, aber auch von Wut angesichts wortbrüchiger Politiker oder übermächtiger Unternehmen. Und es fallen Sätze, die so oder so ähnlich auch schon in Cavertitz oder Liebschützberg gesagt worden:„Es gibt genug Leute, die hier leben und keine Lust haben, dass ihre Zukunft in 30, 40 Jahren mal in einem Loch verschwindet”.
Bemerkenswert ist die Dokumentation auch, weil sie über die Probleme rund um den Bergbau informiert und die Zuschauer dabei nicht kalt lässt. Allerdings haben die Filmemacher auf Effekthascherei verzichtet, niemand bricht in Tränen aus, und das ist gut so. Es treten gescheiterte Kämpfer vor die Kamera, aber auch trotzige Gegner.
„Ich hab' vorhin richtig gezittert“, gestand Kurt Krauspe aus Liebschütz. Er fühle sich als Gegner allerdings auch ziemlich chancenlos. Thomas Barth von der Cavertitzer Bürgerinitiative gegen Gesteinsabbau rief zu Geschlossenheit auf: „Es ist wichtig, dass wir geschlossen auftreten und laut protestieren“. „Das Bergrecht in seiner heutigen Form sei so verkorkst, dass man es nur noch abschaffen könne“, sagte Hettlich. Er sei aber Realist, es werde weitere 10 oder 20 Jahre brauchen, bis Veränderungen greifen. Darauf hoffen die Abbaugegner und bauen dabei auch auf die Landeigentümer. Enteignungsverfahren seien langwierig und teuer, bleiben die Besitzer hart, könne sehr viel Zeit ins Land gehen, machte Thomas Barth deutlich. „Und vielleicht ändert sich der politische Rahmen derweil“, meinte er.
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Freie Presse / Auer Presse (10.11.2008)
Wenn das Häuschen einem Steinbruch weichen soll
Dokumentarfilm "Wer anderen eine Grube gräbt" wird nach Premiere in Schneeberg bundesweit gezeigt - Streifen kritisiert Bundesberggesetz
Schneeberg. Das Haus ist neu, plötzlich kommt ein Steinbruch-Betreiber. Er teilt den Besitzern mit, dass ihr Haus Bodenschätzen im Weg steht. Wollen sich die Betroffenen wehren, steht das Bundesberggesetz meist gegen sie.
Mit dieser Thematik befasst sich der Dokumentarfilm "Wer anderen eine Grube gräbt". Am Freitag hatte das Werk der Berliner Filmemacher Holger Lauinger und Daniel Kunle Vor-Premiere im Schneeberger Kulturzentrum "Goldne Sonne". In dem Streifen geht es um das teilweise noch aus dem Dritten Reich stammende Bundesberggesetz. Ab Dezember wird der Film, der auf Initiative des Bundestagsabgeordneten Peter Hettlich vom Bündnis 90/Die Grünen entstand, bundesweit gezeigt.
Ulrich Wieland, Vorsitzender des Netzwerkes "Bürgerinitiative Gesteinsabbau" der Grünen Liga, zeigte sich begeistert von dem Film. Seit Beginn der 90er Jahre versucht Wieland vergeblich, durchgreifende Änderungen zu erreichen. Die Grünen kritisieren das Gesetz ebenfalls: Es sei nur darauf angelegt, die Gewinnung von Bodenschätzen zu fördern. Die Belange der Bewohner entsprechender Gebiete und Interessen des Umweltschutzes seien dagegen unterrepräsentiert.
Peter Hettlich, der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Ost der Grünen wünschte sich: "Wir brauchen eine Großdemo mit 30.000 Leuten in Berlin". Kurzfristig könne er aber nichts versprechen. Das Problem: Die Grünen sitzen in der Opposition, die anderen Parteien sind in der Frage des Bundesberggesetzes gespalten.
Am Anfang des Films singt ein Kinderchor "Silber, Gold und Erzelein können wir zersprengen fein". Es folgen bedrückende Bilder aus dem Bundesgebiet. Sie zeigen Tagebau, brüchige Häuser, entnervte Bürgermeister, Ölförderung in der Nordsee. Auch Thomas Hertzsch von einer Bürgerinitiative aus Schneppendorf bei Zwickau gehörte zu den Zuschauern. Seit zwei Monaten wehrt sich die 700-Seelen-Gemeinde gegen drohenden Kies- und Sandabbau. "Es gibt großen Widerstand, wir haben neue Häuser gebaut, unser Ort würde vom geplanten Abbau eingeschlossen." Er setzt seine Hoffnungen auch in das
Bundesverfassungsgericht. Doch Peter Hettlich ist skeptisch, dass es das Berggesetz kippen kann. "Die Richter dort wechseln, die Rechtsmeinung ändert sich." Dennoch werde es weiter Versuche geben.
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Oschatzer Allgemeine Zeitung (13.11.2008)
Gesteinsabbau: „Den Film sollte jeder kennen“
Cavertitz/Laas. Flimmerstunde im Gemeinderat: Der Film „Wer andern eine Grube gräbt...“ könnte demnächst auch in den Ratssitzungen der Region laufen. Bei einer Vorpremiere hatte der Bundestagsabgeordnete Peter Hettlich vergangene Woche die Auftragsdokumentation von Bündnis 90/Die Grünen gemeinsam mit der Bürgerinitiative gegen Gesteinsabbau präsentiert (wir berichteten).
Der Beitrag hatte bei den anwesenden Gästen den Wunsch geweckt, den Film noch mehr Menschen in der vom Gesteinsabbau bedrohten Region zwischen Cavertitz und Liebschützberg zu zeigen. „Ich werde mich dafür einsetzen, dass der Film auch in einer öffentlichen Ratssitzung gezeigt wird“, hatte zum Beispiel Rainer Schwurack angekündigt. Der Gemeinderat aus Liebschützberg lobte den 30-minütigen Streifen als informativ und „nicht so langatmig“. Auch die Cavertitzer Bürgermeisterin Gabi Hoffmann will die Dokumentation in die Runde der Räte holen: „Ich denke, wir werden uns den Film hier ansehen und dann eine Meinung darüber bilden.“
Die Bürgerinitiative gegen Gesteinsabbau Cavertitz plant im kommenden Jahr - je nach Bedarf - eine oder mehrere Aufführungen in den Ortsteilen. Der Lampersdorfer Rudolph Hauck hat „Wer andern eine Grube gräbt...“ bereits gesehen. Hauck hatte sich jahrelang mit den Einwohnern von Heuersdorf solidarisiert und dafür gekämpft, dass der Ort im Süden von Leipzig nicht der Braunkohle zum Opfer fällt. Auch das spielt in der Dokumentation eine Rolle, und Hauck kann den Film nur empfehlen. „Den Film sollte jeder kennen“, meinte er, „der müsste in jedem Dorf aufgeführt werden, damit die Menschen schlau werden.“ Wer nicht direkt betroffen sei, schaue einfach weg, kritisierte er. „Wer interessierte sich denn für Heuersdorf? Die meisten denken doch, die Heuersdorfer haben es gut, weil sie ein neues Haus gekriegt haben“, nannte Hauck ein Beispiel.
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Märkische Allgemeine Zeitung (15.01.08)
FILMDISKUSSION: Dramatische Szenen
Folgen des Bergrechts einen Betroffene in Ost und West / Platzeck mit „Vattenfall-Brille“
POTSDAM / INNENSTADT - Das Volksbegehren über die Frage, ob es „Noch mehr Tagebaue in der Lausitz?“ geben solle, geht in den Endspurt, denn bis zum 9. Februar ist Gelegenheit, in Brandenburgs Einwohnermeldeämtern seinen Widerspruch mit der eigenen Unterschrift anzumelden. Entscheidungshilfe gab es am Dienstagabend im Filmmuseum von der Partei Bündnis 90/Die Grünen, deren Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm das Zugpferd einer Podiumsdiskussion im Anschluss an zwei nachdenklich stimmende Filmvorführungen war. Der Auftaktfilm „Otzenrath 3 Grad kälter“ behandelte die Umsiedlung des 700 Jahre alten Dorfs Otzenrath, das den gewaltigen Schaufelbaggern des Tagebaus Garzweiler am rechten Niederrhein weichen musste. Dramatische Szenen wie der Abriss der 136 Jahre alten Kirchenwände von St. Simon und Judas Thaddäus illustrierten das Ausmaß der Gewalt einer Kohlepolitik der immer noch Siedlungen, Autobahnen und Gewässer zum Opfer fallen. Allein dort wurden schon 30 000 Menschen umgesiedelt.
Thema des zweiten Films „Wer anderen eine Grube gräbt…“ war das real existierende deutsche Bergrecht, dem die Nation ein letztes trauriges Kapitel deutschen Unrechts verdankt. Im Kern besteht diese Gesetzgebung aus antiquierten preußischen Bestimmungen, denen die Nazis in den 1930-er und 1940-er Jahren als „Kriegsertüchtigungsgesetz“ den letzten Schliff verpasst haben. Holger Lauinger und Daniel Kunle drehten dabei in Ost und West und belegten eindrucksvoll, dass die erschreckenden Folgen solchen Bergrechts die Republik zumindest auf dem Gebiet der Schadensverteilung nachhaltig geeint haben. Man muss die Orte im Saarland gesehen haben, deren Häuser von Rissen überzogen, windschief und unbewohnbar langsam aufgegeben werden. Vor allem aber muss man an die Kaltschnäuzigkeit der Verursacher erinnern, die jegliche Verantwortung dafür ablehnen. Filmemacher Kunle und die Moderatorin Heide Schinowsky waren sich einig, dass dies einer „Naturkatastrophe gleichkommt“. Behm sprach mit Blick auf das Bergrecht von „undemokratischen, falschen Gesetzen“ und befand „Platzeck hat die Brille von Vattenfall auf, so dass er die Sonne nicht mehr sieht“.
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Potsdamer Neuste Nachrichten (16.01.08)
Da verschwinden nicht nur Häuser
Was die ErschlieĂźung neuer Tagebaue Menschen antun kann / Ein Filmabend
Der Zusammenhang zwischen dem Verlust von Kultur und der ErschlieĂźung neuer Tagebaue mag nicht sofort einleuchten. Im Filmmuseum wurden zwei Dokumentarfilme gezeigt, die diesen Bezug deutlich werden lieĂźen.
In „Otzenrath 3 Grad kälter“ von Jens Schanze wird die Geschichte des gleichnamigen niederrheinischen Dorfes erzählt, dessen Bewohner innerhalb von fünf Jahren umgesiedelt wurden, weil sie dem Braunkohletagebau „Garzweiler II“ weichen mussten. Der Regisseur zeigt Menschen, die nicht nur ihren angestammten Ort, sondern ganz wesentliche Bestandteile ihrer Alltagskultur verloren haben. Denn es hinterlässt Spuren in den Seelen der Menschen, wenn beispielsweise ein fast 150-jähriges Gotteshaus oder die beliebte Dorfkneipe zerstört werden.
Der Film zeigt auch den „Ersatz“ – ein gesichtsloses und gelecktes Retortendorf – in das mehrere Männer des alten Otzenraths auch nicht mehr einziehen sollten, weil sie vorher, manche noch nicht mal 60 Jahre alt, vielleicht sogar an den Folgen von Wut und Kummer über die Umsiedlung starben. Dass die Kultur des alltäglichen Miteinanders sich einschneidend verändert, wenn andere „soziale“ Einrichtungen wie beispielsweise bäuerliche Hofläden oder eigene Vereinsräume fehlen, ist da fast nebensächlich. Die haarsträubenden Hintergründe für solche Kulturzerstörung, auch in Brandenburg, zeigte die Dokumentation „Wer anderen eine Grube gräbt“ von Holger Lauinger und Daniel Kunle.
Der Film dokumentiert die Folgen des nahezu unbekannten Bundesberggesetzes, das Energiekonzernen wie RWE oder Vattenfall ermöglicht, ohne gerechte Abwägung zwischen verschiedenen Interessen, neue Tagebaue zu erschließen. Denn dieses Gesetz, es stammt noch aus preußischen Zeiten und wurde entscheidend durch die Nazis modifiziert, die den Bergbau auch unter menschlichen Siedlungen ermöglichten, stellt Unternehmerinteressen klar vor Bürgerrechte und die Natur kommt ebenfalls nur am Rande vor. Die heutigen politischen Argumente – Sicherung der Energieversorgung und Schaffung von Arbeitsplätzen – erscheinen in einem anderen Licht, wenn man die Folgen des Raubbaus an Natur und Kultur nicht länger klein redet und bei den Energiekosten endlich berücksichtigt. Wie viel kulturelle Werte verloren gehen, war auch den Worten von Jens Kreisel in der anschließenden Diskussion zu entnehmen, der in dem sorbischen Dorf Schleife lebt, und sich mit einer Bürgerinitiative verzweifelt aber erfolglos gegen dessen Umsiedlung gewehrt hat.
Das noch bis zum 9. Februar stattfindende Volksbegehren will erreichen, dass sich der Brandenburger Landtag mit einem neuen Gesetzentwurf, der die Braunkohlegewinnung auf die bereits genehmigten Tagebaue beschränkt, erneut befasst. Zu einer demokratischen Kultur gehört, sich auch für Dinge zu interessieren und einzubringen, die einen selbst vielleicht (noch) nicht unmittelbar vor der eigenen Haustür betreffen. Wer „Otzenrath 3 Grad kälter“ und „Wer anderen eine Grube gräbt“ gesehen hat, für den ist dieser Einsatz auf einmal ganz selbstverständlich.
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berlinien.de/kino/film_wer_anderen_eine_grube_graebt
Authentisch, informativ und aufklärend - so ist "Wer anderen eine Grube
gräbt...". Die Einfühlsamkeit von Holger Lauinger und Daniel Kunle als
Regisseur ist in "Wer anderen eine Grube gräbt..." beeindruckend. Wer auf
Dokumentarfilm steht, wird hier 30 Filmminuten unterhalten. Wir wĂĽnschen
Ihnen viel Spaß bei "Wer anderen eine Grube gräb...t"!
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Märkische Oderzeitung (15.07.2009)
"Wir erklären euch den Krieg"
Wilhelmsaue (MOZ) "Aus der Luft ist nicht aus der Welt". Unter diesem Motto lud die GrĂĽnen-Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm am Montagabend zu einer Informationsveranstaltung zum Thema CO 2 -Verpressung ein. Im Wirtshaus "So oder so" in Wilhelmsaue war kein Platz mehr frei. Ein Teil der Besucher verfolgte den Abend von drauĂźen durch die Fenster.
Es ist mucksmäuschenstill beim Abspann des Films "Wer andern eine Grube gräbt". Was da in 35 Minuten über die Leinwand flimmerte, berührt jeden. Der Film beginnt mit dem Resümee von Horst Bruchmann, Bürgermeister von Heuersdorf, einem Dorf in Sachsen. Der Ort hat sich mit allen rechtlichen Mitteln dagegen gewehrt, dass er der Kohle geopfert werden soll - ohne Erfolg. "Das Bergbaugesetz steht über dem Grundgesetz", sagt Bruchmann.
Attawasch, Grabko und Kerkwitz in Brandenburg droht das gleiche Schicksal. Denn Horno ist nicht, wie einst versprochen, das letzte dem Tagebau geopferte Dorf. Der Film schwenkt auch ins Saarland, wo ein Ort gegen die Folgen des Steinkohleabbaus kämpft. Er blendet andere Abbaugebiete ein, zeigt die immense Umweltzerstörung - Kali, Gesteine, Schiefer. "Das Bergbaurecht muss ins Umweltrecht integriert werden", fordert ein Rechtsanwalt im Film.
Wie ein roter Faden zieht sich eine Aussage aus den gezeigten Bildern durch die mehr als drei Stunden dauernde hitzige Diskussion. Die Lobby der groĂźen Stromriesen ist enorm. Wenn sie erst einmal die HĂĽrden des Bergbaurechts genommen haben, bleibt den Betroffenen kaum Spielraum. Deshalb gibt es fĂĽr die Neutrebbiner BĂĽrgerinitiative nur eine Devise - schon die Erkundung muss verhindert werden.
Cornelia Behm hat zwei junge Frauen mit nach Wilhelmsaue gebracht, die ob ihrer profunden Kenntnisse die Besucher immer wieder erstaunen - Tina Löffel- send, klimapolitische Sprecherin des BUND, und Sabine Niels, Grünen-Kreistagsabgeordnete in Oder-Spree. Sie nennen viele Fakten, verweisen auf Studien und Gutachten, die gegen CO 2 -Verpressung sprechen. Das Problem sei die Spezifik, machen sie deutlich. Zu wenige Menschen würden die Prozesse fachlich durchschauen. Beide bieten Infomaterial an und appellieren an die Runde, ihr Wissen breit zu streuen. Nur so könne landesweit das Thema auf den Prüfstand kommen.
Dr. Thomas Lautsch, Projektleiter bei Vattenfall, hat an diesem Abend gegen die geballte Front der CO 2 -Gegner keine Chance. Er macht deutlich, dass die Atmosphäre voll ist, die klimapolitischen Ziele des Bundes ohne CCS nicht umsetzbar sind. Denn ohne Braunkohle, so seine Überzeugung, werde in den nächsten 20 bis 40 Jahren der Strombedarf nicht zu decken sein.
Genau das bezweifeln Klimaschützer. Es müsse viel mehr in alternative Energien investiert werden. Zu 30 Prozent soll der Strom laut Bundesplan künftig so gewonnen werden. Dennoch würden Konzerne wie Vattenfall selbst nur zehn bis fünfzehn Prozent in solche Technologien investieren, so Tina Löffelsend. Eine Antwort auf die Frage nach dem Warum bleibt Lautsch schuldig. Aus seiner Sicht werde der Stromverbrauch in den nächsten Jahren deutlich sinken. Deshalb sehe er auch nicht das von Gegnern immer wieder angeführte Szenario, wonach wegen CCS weitere Tagebaue erschlossen werden, weil die Technologie selbst auch Strom verbraucht.
Hans-Georg von der Marwitz sieht eine Gefahr vor allem in den Beimengen des CO 2 , das verpresst werden soll. Denn längst wollen auch Industriebetriebe - z.B. das Stahlwerk Eisenhüttenstadt und die Zementwerke Rüdersdorf - sich einklinken und ihre Abgase mit in die Pipeline einführen. Lautsch versichert, dass es Grenzwerte geben wird. "Das alles schreibt dann das Gesetz fest", versichert er. Darauf allerdings will keiner im Saal bauen. Denn die Gesetze, so die Überzeugung, würden so formuliert, dass sie den Interessen der Konzerne entsprechen. "Wir erklären euch hiermit den Krieg", ruft ein Bürger an die Adresse des Vattenfall-Mannes. Ulf Stumpe, Sprecher der Neutrebbiner Bürgerinitiative, macht aus seiner tiefen Abneigung gegen das Unternehmen ebenfalls keinen Hehl. Er höre immer die gleichen Argumente. Die 21 Fragen der Bürgerinitiative seien bis heute nicht beantwortet. Und auf den Experten, den Vattenfall zugesichert hat, warte man bis heute. Ein anderer wirft ein, dass man dem wahrscheinlich sowieso nicht trauen würde, wenn ihn Vattenfall mitbringt. Auch scheinbar unabhängige Institute des Landes und des Bundes würden letztlich die Interessen der Politik vertreten. Und die habe sich mehr als einmal zu CCS bekannt.
Ein Bürger mahnt an, nicht alle Partner zu verprellen. Man müsse weiter miteinander reden, sonst bleibe man am Ende ganz außen vor. Ulf Stumpe mahnt einen Schlachtplan an. Cornelia Behm legt den Akteuren ans Herz, vor allem die Entscheidungsträger ins Visier zu nehmen. Denn die Industrie setze letztlich das um, was ihr das Gesetz ermöglicht. Gesetze aber würden im Bundestag und im Landtag beschlossen. Mehrmals geht die Diskussion auch um Alternativen. Ein weltweites Pflanzprogramm wäre z.B. eine, ist man sich einig. 650 ha Kiefernwald würden im Jahr zehn Millionen Tonnen CO 2 "verarbeiten", mehr als in Neutrebbin jährlich verpresst werden soll.
Der Abend macht deutlich, dass sich die Menschen weiter wehren werden. Sie haben Angst, weil etwas in die Erde gepresst werden soll, wovon keiner weiß, wie es reagiert. Es gibt keine Langzeitstudien, keine Garantien. Man will nicht zur Testregion werden. Cornelia Behm macht allen Mut, bietet jegliche Unterstützung an. Besonders habe es sie gefreut, dass die ersten Bauern sich angeschlossen haben. Sie wollen bei möglichen Erkundungsarbeiten das Betreten ihrer Felder untersagen. Das sei der richtige Weg, so die Abgeordnete.